Die Kunst des Schweigens
Dass Reden Silber ist, Schweigen hingegen Gold, weiß der Volksmund. Schweigen ist Macht. Nicht zufällig geht es im Gefangenendilemma, der Urszene der Spieltheorie, um das Schweigen: Zwei Gefangene werden getrennt voneinander vernommen. Würden beide dichthalten, kämen sie glimpflich davon. Weil sie aber nicht wissen, ob nicht der andere einknickt, belasten sie sich lieber gegenseitig.
Schweigen wie ein Stein
Schweigen kann aber auch ungemein provozieren und zu einem Eklat führen. So geschehen in einem Interview im Aktuellen Sportstudio aus dem Jahr 1969, das zu den denkwürdigen Momenten der deutschen Fernsehgeschichte zählt.
Der Boxer Norbert Grupe, auch bekannt unter dem schillernden Pseudonym Prinz Wilhelm von Homburg, schwieg im Interview mit dem Moderator Rainer Günzler wie ein Stein. Günzler behielt in bewundernswerter Weise die Fassung. Für Grupe, der mit seinem Schweigen gegen die Vorberichterstattung des ZDF protestieren wollte, ging die Aktion erst mal nach hinten los: Er wurde mit einer lebenslangen Sperre des Verbandes Deutscher Berufsboxer belegt, gegen die er dann aber erfolgreich juristisch vorging.
Mund zu, Herz auf: Schweigen entschärft Konflikte
Schweigen kann aber auch Konflikte entschärfen. In angespannten Situationen neigen wir zu hitzigen Überreaktionen. Ein Wort gibt dann das andere. Diese Spirale der Eskalation zu durchbrechen und etwas Zeit ins Land gehen zu lassen, ist das Beste, was Sie in einer solchen Situation tun können. Das sprichwörtliche „Erst mal Gras drüber wachsen lassen“ birgt eine große Klugheit in sich. Vertrauen Sie ruhig auf die Selbstheilungskräfte des Sozialen.